In einem bemerkenswerten Fall wurde eine Abmahnung der für Abmahnungen bekannten Kanzlei Frommer von der Kanzlei Breyer abgewehrt: Eine 89-jährige Seniorin sollte angeblich über eine rätselhafte Filesharing-Software auf ihrem iPad den Actionfilm „The Gentleman“ Dritten zum Download bereitgestellt haben.
Urheberrechte sichern das Überleben vieler Künstler. Schon Goethe, der im Übrigen auch Rechtsanwalt war, beklagte sich in Briefen über Raubdrucke seiner Werke. Der Schutz von Urheberrechten setzt aber voraus, dass gegen die Verletzer vorgegangen wird und nicht gegen Unbeteiligte. So behauptete in einem von mir vertretenen Fall die Kanzlei Frommer in einer Abmahnung, meine 89-jährige Mandantin habe den Actionfilm „The Gentleman“ über ihren Internetanschluss von O2, identifiziert anhand der sogenannten dynamischen IP-Adresse, unbefugt zum Download angeboten. Rechteinhaber sei die Leonine Licensing GmbH. Gefordert wurden knapp € 2.000 und die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtung.
Nun besitzt meine Mandantin nur ein iPad ohne Filesharing-Software. Meines Wissens gibt es einen solchen Client für iPads auch nicht und selbst wenn Apple solche Apps in seinem Store zuließe, dürfte ihre Bedienung wenig Freude bereiten. Obwohl Frommer alle technischen Details aufgezeichnet haben will, legte man diese nicht offen. Zufällig war zur angeblichen Tatzeit außerdem die Tochter meiner Mandantin zu Besuch, die bezeugen konnte, dass zur fraglichen Zeit kein Filesharing betrieben wurde. Der Anschluss wurde auch von keinem Dritten genutzt, da das von der Tochter eingerichtete WLAN nachweislich geschützt war – davon abgesehen, dass meine Mandantin dafür nicht haften würde. Frommer bewerkstelligte es außerdem nicht nachzuweisen, dass ihre Mandantin Leonine Licensing überhaupt Inhaber der Filmrechte ist.
Nach einem Zurückweisungsschreiben bot Frommer Ratenzahlung an. Ein Standardtrick auch vieler Inkassobüros, um sich über die Ratenzahlungsvereinbarung ein Schuldanerkenntnis zu erschleichen. Auf eine in Aussicht gestellte Klage warten meine Mandantin und ich trotz Ablehnung seit über einem halben Jahr.
Nach meiner Vermutung kann der Fehler auf einer Verwechslung beruhen. Entgegen der immer wieder getätigten pauschalen Behauptung Frommers trifft es nicht zu, dass die Ermittlung des Anschlussinhabers vollautomatisiert erfolge und dies Fehler ausschließe (arbeitet Ihr Computer immer fehlerfrei?). Zunächst entscheidet ein Gericht darüber, ob der Internetprovider die Daten seines Kunden offenlegen darf. Was den Automatisierungsgrad unserer Gerichte angeht, ist von Glück zu reden, wenn auf dem Desktop-PC die Textverarbeitung funktioniert. Ist der Beschluss erlassen, muss der ein Mitarbeiter des Internetproviders die kryptische IP-Adresse und den Zeitpunkt aus der – bestenfalls im PDF-Format vorliegenden – Gerichtsentscheidung übertragen und die Daten des zugehörigen Kunden aus einer langen Kundenliste heraussuchen.
Frommer war schon vor einiger Zeit prominent mit einem Filesharing-Abmahnfall vor dem Bundesgerichtshof mit dem Ansinnen gescheitert, Familienmitglieder müssten zur Aufdeckung von Urheberrechtsverstößen familienintern gegeneinander ermitteln.